Seitenblicke - mehr inklusive Perspektiven

Seitenblicke - mehr inklusive Perspektiven

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00:00:00: [Musik]

00:00:03: "Seitenblick", ein Podcast für mehr inklusive Perspektiven.

00:00:08: [Musik]

00:00:11: Inklusion, kurz ins Blickfeld nehmen,

00:00:14: dann aber schnell wieder weg schauen.

00:00:16: Sonst wird es kompliziert und meistens auch nervig und anstrengend.

00:00:20: Man kann es ja gar nicht allen gleichzeitig recht machen.

00:00:23: Es ist Steuer, es kostet zu viel Ressourcen, Zeit und Energie.

00:00:26: [Musik]

00:00:30: Ja, das stimmt. Es ist nervig, es kostet Energie und es ist kompliziert.

00:00:35: Aber genau dort wollen wir auch schauen.

00:00:37: Denn wenn man seine Energie kostet, dann ist es wirklich.

00:00:40: Für wer ist was kompliziert?

00:00:43: Wir wollen den Spieß umdrehen und schauen,

00:00:45: wer bei was behindert und was eine inklusive Gesellschaft wirklich bedeutet.

00:00:52: Herzlich willkommen zur 10. Folge von "Seitenblicken",

00:00:55: dem Podcast für mehr inklusive Perspektiven.

00:00:58: Wie ihr schon hört, das ist nicht die Stimme von Valeria.

00:01:01: Valeria ist in Elternzeit und kehrt auf den Live-Podcast im Mai wieder zurück.

00:01:06: Bis dahin gibt es jeden zweiten Monat eine Spezialfolge,

00:01:10: wie gewohnt mit Jan Graf und neu mit mir, Janine Bürklee.

00:01:14: Ich bin zusammen mit Fabian Mattis,

00:01:17: die auch mit uns am Tisch sitzt in der Co-Leitung vom kleinen Theater Luzern,

00:01:20: dass diesen Podcast hostet.

00:01:23: Neu ist auch, dass wir auf Hochdeutsch wechseln.

00:01:25: Die Live-Podcasts waren das ja bisher schon.

00:01:28: Wir übernehmen das nun auch für diese und die weiteren Folgen.

00:01:31: Jan.

00:01:33: Valeria und du haben in der letzten Folge über Inklusion und Humor gesprochen.

00:01:38: Gab es in den letzten Wochen einen Moment,

00:01:40: wo dir das Lachen im Halsstecken geblieben ist?

00:01:42: Das ist bei mir noch ziemlich schwierig,

00:01:44: dass das bei mir im Halsestecken bleibt.

00:01:48: Aber nein, es gab viele gute Momente.

00:01:52: Also ist mein allgemein grosses Smile noch ein bisschen grösser geworden,

00:01:58: weil wir auch den Film jetzt wirklich zeigen und promoten

00:02:04: und so die Rückmeldung haben mir ein Lachen und ein Smile auf das Gesicht gezaubert.

00:02:11: Schön.

00:02:12: Du hast den Film jetzt schon angesprochen.

00:02:15: Fabian, für alle, die die letzten Seitenblicke folgen,

00:02:18: vielleicht noch nicht gehört haben,

00:02:19: magst du erzählen, wovon sprechen wir und was bezweckt dieser Film?

00:02:25: Genau, wir haben als Kleinteater Lucerne im September

00:02:29: einen Film zur Premiere gebracht,

00:02:31: der zeigt, wie wir uns über ein halbes Jahr lang begleiten ließen

00:02:36: von einer Kamera in unserem Prozess, wie wir unseren Betrieb inklusiver gestalten.

00:02:41: Und in Zuge dessen haben wir auch probiert, unsere Umwelt abzubilden,

00:02:45: also Künstlerinnen, die bei uns auftreten.

00:02:48: Agenturen, mit denen wir im Kontakt sind, Berufsverbände etc.

00:02:52: haben wir alle sozusagen vor die Kamera gezerrt

00:02:56: und einfach mal nachgefragt, wie sie das Thema behandeln

00:03:00: und was das wiederum für Auswirkungen haben könnte

00:03:02: oder eben auch hat für uns als Kleinteaterbetrieb.

00:03:06: Und was waren so die ersten Reaktionen,

00:03:11: gab es Rückmeldungen von den Leuten, die ihn bisher gesehen haben?

00:03:14: Wir waren in Biel für M-Tweck, das ist die Migroskulturförderung,

00:03:20: die diesen Film mitgefördert hat.

00:03:23: Dort haben wir für die, die gefördert werden, einen kurzen Ausschnitt gezeigt

00:03:30: und sind dann, verbinde ich, auf einem Panel gewesen

00:03:34: und haben Fragen beantwortet.

00:03:36: Dort waren wir, ich glaube, du warst noch im Kanto Argao.

00:03:40: Genau, ich bin noch in den Argao gereist,

00:03:42: jetzt sind es Kinoodion, wo wir sozusagen unsere Kinoprämiere hatten.

00:03:46: Wir durften im Kinoodion in Brug für einen Netzwerkanlasskultur

00:03:50: inklusive im Kanton Argao, ein Rammelprogramm stellen,

00:03:53: in dem wir eben eine Filmvorführung gemacht haben

00:03:56: und ein kurzes Q&A im Anschluss.

00:03:58: Jetzt am Wochenende waren wir noch auf der grössten Messe

00:04:03: für Behindertenkultur, die Swiss Abilities eingeladen,

00:04:07: vor allem Jan, du warst da präsent.

00:04:10: Mehr oder weniger, ich hatte dort das Symposium geleitet

00:04:15: und moderiert mit verschiedenen Podien und so Kurzpodien

00:04:20: und dort waren auch zwei Slots mit allen inklusive,

00:04:25: einen kleinen Theater, wieder mehr,

00:04:27: wo wir auch sieben Minuten den Film gezeigt haben

00:04:31: und dann auch erzählt haben, wie wir weitergehen,

00:04:35: von wo wir das kommen und auch noch Fragen beantwortet haben.

00:04:41: Und dann waren wir ja noch schon im letzten Dienstag

00:04:45: an der Hochschule in Lucerne für soziale Arbeiter.

00:04:49: Dort haben wir den ganzen Film gezeigt

00:04:52: und sind dann auch noch red und antwortgestanden.

00:04:56: Ich würde schon sagen, dass dieses Publikum war mehr in der Bubble.

00:05:02: Die Swiss Abilities waren schon auch sehr Bubble auf ihn,

00:05:07: aber es sind mehr im sozialpädagogischen Bubble gewesen.

00:05:15: Da hat man schon gemerkt, die Fragen sind ein bisschen anders gefragt geworden.

00:05:21: Vielleicht willst du noch kurz zu der Sache.

00:05:26: Genau, also spannend, fand ich.

00:05:29: Vor allem, du hast uns auch erzählt, dass du eine Frage gestellt gekriegt hast,

00:05:33: warum wir diesen Podcast heute zum Thema Inklusion und Marketing machen.

00:05:39: Und zwar hatte ich mal jemand gefragt, ob das eigentlich auch ein Marketing-Zweck ist.

00:05:43: Magst du das noch mal kurz ausführen?

00:05:45: Ja, also vor allem, wo ich da auch erzählt habe,

00:05:50: über den Film, wo er erst im Entstand war,

00:05:54: so war er schon auch aus der Bubble und aus der weiteten Bekanntenkreise,

00:06:00: wollte ich das jetzt für Marketing nutzen, wollte ich das jetzt für euch nutzen.

00:06:06: Und ich habe dann mit dieser Person spannende Gespräche geführt.

00:06:11: Und das sage ich auch im Film.

00:06:14: Ich habe dann auch diese Person gesagt, wie ich finde, man tut gutes und spricht darüber.

00:06:23: Und deshalb ist auch dieser Film für mich auch für die Arbeit,

00:06:28: die wir leisten im kleinen Theater ein wichtiges Puzzlestück,

00:06:34: einfach auch zum zeigen, wie die momentane Lage in der Schweiz ist

00:06:40: und was wir eben mit unseren begrenzten Mitteln eben alles schon erreicht haben.

00:06:46: Hat das die Leute überrascht?

00:06:49: Diese Person kam dann auch den Film an der Premiere schauen

00:06:54: und dann hat sie dann mir schon auch gesagt, sie verstehe jetzt,

00:07:00: was ich damit gemeint habe und hat es dann auch realisiert,

00:07:04: weshalb wir diesen Film gemacht haben.

00:07:07: Genau, Fabien, vielleicht noch an dich die Frage.

00:07:12: So überspitzt gesagt, haben wir eigentlich mit dem Film eine Marketingstrategie verfolgt?

00:07:17: Ja und nein.

00:07:20: Also es kam nicht aus der Ecke, dass ich mit unserer Kommunikationsverantwortlichen

00:07:25: darüber gebrütet habe, was für neue Marketingmaßnahmen

00:07:29: könnten wir noch in Erwägung ziehen kommen.

00:07:32: Wir machen doch mal einen Film.

00:07:34: Sondern es kam vielmehr aus einer Bemühung oder auch tatsächlich einer Förderauflage heraus,

00:07:41: dass wir diesen Prozess dokumentieren sollten.

00:07:44: Und wir in unserem Theaterbetrieb tatsächlich kaum die Zeit finden,

00:07:50: beispielsweise irgendwelche Erlebnisse zu verschriftlichen oder Ähnliches.

00:07:54: Und ich habe für alles, was wir im Bereich der Digitalisierung auf der Bühne gemacht haben,

00:08:01: schon zum Mittelgegriffen so kurz Dokus zu machen.

00:08:05: Und ja, so ein bisschen aus der Note heraus,

00:08:08: dass da plötzlich ganz viel passiert und wir sollten das dokumentieren

00:08:11: und wir haben irgendwie keine Zeit.

00:08:13: Ich habe im Kurzschluss einfach Jan Baumgartner angerufen,

00:08:19: der den Film mit "Hello Eye" produziert hat und gefragt, du kommst mal mit.

00:08:23: Wir haben kein Drehbuch, wir wissen nicht, wie lange wir filmen

00:08:26: oder was wir genau machen, aber hättest du Lust.

00:08:28: Und so ist das entstanden.

00:08:30: Und mir kam tatsächlich auch erst später im Prozess,

00:08:33: wurde mir bewusst, was wir da gerade machen.

00:08:37: Und dass das natürlich sehr interessant ist, für uns als Haus diesen Film zu machen

00:08:42: und auch damit jetzt an Orte zu gelangen, wo wir davor überhaupt nicht präsent waren.

00:08:48: Aber dass es eben auch im Hinblick auf das Sensibilisieren

00:08:52: und Abbilden tatsächlicher Umstände extrem wertvoll ist,

00:08:56: weil es ja eine so verzwickte und verschachtelte Angelegenheit ist,

00:09:01: das Thema Inklusion im Kulturbetrieb umzusetzen und voranzutreiben.

00:09:06: Wo jetzt mit diesem Film uns das gelungen ist in 60 Minuten,

00:09:12: sag ich mal so kurz und kompakt, einen sehr breiten Publikum irgendwie zugänglich zu machen.

00:09:18: Was war für dich überraschend an den Reaktionen?

00:09:22: Jetzt nicht nur von den Leuten, sondern vielleicht auch im Film als Bestandteil vom Film.

00:09:27: Gab es da irgendeine Aussage, die dich überrascht hat?

00:09:30: Ich habe alle diese Gespräche geführt mit den Protagonistinnen im Film

00:09:37: und es waren sehr offene Gespräche.

00:09:41: Ich habe dann aber auch im Gesprächsverlauf gemerkt,

00:09:44: dass es auch da sehr viele ambivalente Aussagen gibt,

00:09:48: von "Das ist möglich und das geht dann irgendwie doch nicht"

00:09:51: im gleichen Satz ohne das zu werten.

00:09:54: Das Thema zeigt einfach wie schwierig das Thema tatsächlich noch für viele Stakeholder ist

00:10:01: und ja auch für uns, weil wie gesagt, wir sehr schnell an Grenzen stoßen,

00:10:06: obwohl wir sehr gerne viel machen wollen würden.

00:10:10: Das hat mir schon auch danach im Schnitt noch mal so ein bisschen aufgezeigt,

00:10:15: dass es tatsächlich eben vielleicht wichtig ist,

00:10:18: dass wir jetzt auch im Sinne von etwas öffentlicherem Diskurs

00:10:23: und wollen wir sagen auch im Sinne von etwas mehr Marketing für das Thema

00:10:28: unter die Leute zu bringen, damit eben alle etwas aktiver darüber nachdenken

00:10:33: und wir vielleicht dann eben so alle auch schneller vorwärtskommen.

00:10:37: Das ist jetzt eigentlich auch schon ein bisschen gesagt,

00:10:41: weil wenn wir über Inklusion und Marketing sprechen,

00:10:44: das ist praktisch auch um die mediale Aufmerksamkeit, die damit bezweckt wird,

00:10:48: wie Inklusion und damit zusammenhängende Themen in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden,

00:10:53: wie oder was wird darüber überhaupt berichtet und kommuniziert.

00:10:58: Jan, wenn du eine Einschätzung geben könntest, was ist so dein Eindruck?

00:11:03: Ist das Thema Inklusion in den Medien präsent?

00:11:06: Du stuchst.

00:11:10: Ich muss schon einiges formulieren.

00:11:14: Es ist mehr als vor fünf, sechs Jahren,

00:11:20: aber es ist noch nicht so divers wie ich es mir wünsche.

00:11:27: Es gibt so zwei grosse Stränge.

00:11:31: Der eine ist der Parasport,

00:11:34: der sich jetzt wie eine Raubbege verpuppt hat

00:11:38: und zum Schmetterling wird.

00:11:40: Sie haben es erreicht, dass die Gesellschaft es als Spitzensport anzieht.

00:11:47: Und der andere große Teil ist oft so der politische Zweig.

00:11:54: Dort wird dann über Inklusion verhandelt.

00:11:59: Wie die Gesellschaft Inklusion interpretiert,

00:12:05: welche gesellschaftlichen Projekte gehen.

00:12:10: Natürlich wird dort dann über Arbeit und so gesprochen.

00:12:14: Aber es ist noch nicht so divers,

00:12:17: dass wir über Kunst oder über das Mediumfilm als Kunstansatz,

00:12:24: sondern es hat dann auch wieder den Inklusionsaspekt,

00:12:32: wo dann eben verhandelt wird.

00:12:34: Die Inklusion wird noch viel thematisiert.

00:12:39: Wo stehen die Länder?

00:12:41: Wo steht die Welt?

00:12:43: Was macht inklusive Kunst?

00:12:47: Das kommt auch immer mehr.

00:12:49: Aber wenn ich so schaue,

00:12:52: über den gesamten Blick ist es der Parasport und Inklusion per se.

00:12:58: Interessant ist ja auch die Frage,

00:13:02: wer ist überhaupt in den Medien sichtbar?

00:13:05: Wer nicht?

00:13:07: Welche Themen und warum?

00:13:09: Ein interessanter Ansatz, den du, Fabien, auch über den du gestoßen bist,

00:13:14: ist der Ansatz von Bernhard Cohen.

00:13:16: Das nennt sich Agenda Setting.

00:13:19: Der Ansatz beschäftigt sich mit der Frage,

00:13:22: welchen Einfluss Medien auf die öffentliche Meinungsbildung haben.

00:13:25: Der besagt, dass Medien zwar nicht vorgeben, was die Leute denken,

00:13:29: aber worüber sie nachdenken.

00:13:31: Welche Rolle kann in diesem Zusammenhang ein Theaterbetrieb spielen?

00:13:36: Ich denke, wenn wir ein kleiner Raum sind,

00:13:43: sind wir ein öffentlicher Raum.

00:13:45: Bei uns verkehren ganz verschiedene Leute,

00:13:49: verschiedene Altersklassen, Geschlechter,

00:13:53: auch verschiedene Milieus,

00:13:55: die sich bei uns durchmischen und treffen

00:13:59: und irgendwie zusammen eine gewisse Zeit

00:14:02: in einem abgeschlossenen Raum verbringen.

00:14:06: Da denke ich tatsächlich,

00:14:08: dass wir sehr viel dazu beitragen können,

00:14:12: was Wahrnehmung anbelangt,

00:14:14: weil es tatsächlich auch so ist,

00:14:16: dass ja ganz viele Menschen überhaupt gar keine Berührungspunkte haben,

00:14:21: egal was für Behinderungsformen.

00:14:25: Und sie vielleicht auch bei uns das erste Mal,

00:14:28: sag ich jetzt mal so, neben einer Person im Rollstuhl sitzen,

00:14:31: im Publikumsbereich.

00:14:33: Und da spielt es, denke ich, eine zentrale Rolle,

00:14:36: dass dies bei uns einfach immer mehr zur Realität wird.

00:14:41: Und dadurch auch hoffentlich sehr positive Erlebnisse damit verbunden werden,

00:14:48: eben in einem Raum zu sein,

00:14:50: in dem es vermeintlich eine inklusive Handhabung gibt

00:14:54: von wer dort präsent sein darf und auch präsent ist.

00:14:58: Ich denke, es ist extrem wichtig,

00:15:00: dass eben auch engste Vorurteile, falsche Befürchtungen

00:15:05: oder Umgangsformen auch positiv aufgebaut werden können,

00:15:10: damit eben dann vielleicht auch in anderen Bereichen

00:15:14: ein einfacheres oder so natürlicheres Zusammenleben möglich ist.

00:15:20: Ja, ich glaube schon, dass wir aus kleinem Theater oder das Theater per se

00:15:26: auch eine Schnittstelle sein können, um die verschiedenen Lebensausprägungen

00:15:35: wie sozusagen Ausgangslagen zusammenzubringen.

00:15:41: Und das merke ich ja auch oft, wenn ich über das kleine Theater spreche

00:15:46: oder welche Teile ich sensibilisieren muss.

00:15:52: Das ist dann nicht nur die Community, sondern das Betriebsteam.

00:15:57: Aber das können auch Künstlerinnen und Künstler sein.

00:16:01: Dann ist es noch die Gesellschaft, die bei uns das Publikum erhältlich abbildet.

00:16:08: Dann ist es noch die Politik, dann ist es die Kulturförderung.

00:16:12: Und ich glaube, dieser kleine Raum kann eben diese unterschiedlichen Ausgangslagen

00:16:19: zusammenbringen und um eine gelebte Gesellschaft zu ringen und zu auszuluten.

00:16:27: Das heißt, eigentlich mit dem Film können wir bestenfalls bezwecken,

00:16:31: dass wir eben auch die Agenda von anderen Leuten definieren oder mitbeinflussen.

00:16:37: Oder Wachrütteln.

00:16:39: Dass sie sich eben auch fragen können, was können wir tun, um vielleicht diversen zu sein.

00:16:49: Wenn wir uns jetzt als Betrieb öffentlich zum Thema Inklusion äußern

00:16:55: und uns gerade mit so einem Film zur Inklusion bekennen,

00:16:58: dann baut es ja auch einen gewissen Druck auf.

00:17:00: Auch deine Rolle, Jan, als Inklusionsbeauftragter, ist dann mit einem gewissen Fokus verbunden,

00:17:05: weil du gegen außen hin wahrgenommen wirst und dich auch viele Anfragen erreichen.

00:17:11: Wie gehst du damit um?

00:17:15: Das ist immer wieder ein Learning.

00:17:18: Ich habe mir die nische Inklusion schon auch angeeignet.

00:17:25: Dort hob ich mich auch aus.

00:17:29: Aber jetzt auch zu merken, dass ein Theater mit mir zusammen irgendwie verbunden ist.

00:17:38: Dass ich das Gesicht bin.

00:17:41: Vorher waren es einfach die Marke Jan Graf.

00:17:45: Und ich kann dann selber irgendwie in welchem Licht sie stehen will.

00:17:50: Aber ich bin jetzt auch ein Teil eines Betriebes.

00:17:54: Und ich muss da auch gewisse Spiele regeln.

00:18:00: Wie mittragen die vielleicht die Communities oder vielleicht nicht mittragen würden.

00:18:08: Und dann auch zu merken, in welchem Spannungsfeld ich bin,

00:18:13: habe ich schon jetzt auch gemerkt.

00:18:15: Aber ich schätze auch sehr, weil mein Aktivismus als Briefabperson

00:18:20: ist schon griechiger geworden, wie vorhin war ich so ein bisschen.

00:18:25: Das treibt mich heute noch an, eine Vision von einer inklusiven Welt.

00:18:32: Aber ich weiss jetzt durch die Arbeit im Kleinteater,

00:18:36: was es eben bedeutet, Schritt für Schritt für diese perfekte Welt,

00:18:42: diese inklusive Welt einzuschehen.

00:18:44: Und dass wir die nicht von heute auf morgen erreichen können.

00:18:49: Auch wenn wir vielleicht wollen oder einen großen Teil der Gesellschaft,

00:18:54: dass wir momentan sie in die Struktur nehmen,

00:18:57: dass wir eben sie wachrütteln müssen.

00:19:00: Deshalb ist auch der Film ein kleiner Wäcker,

00:19:04: weil vielleicht der Gesellschaft manchmal auch ein bisschen auf den Wäcker geht.

00:19:09: Aber es ist ja nur zum Wachmachen hier ein Wäcker.

00:19:14: Kannst du verstehen, warum Menschen mit Behinderung nicht in so einer Rolle,

00:19:20: wie jetzt du, öffentlich auftreten wollen?

00:19:23: Kann ich schon.

00:19:25: Das kann ich schon, weil es hat daneben zwei Aspekte.

00:19:31: Ich muss mein Privatleben und auch mein Leben,

00:19:35: auch Menschen mit Behinderung, schon persönlich durchleben.

00:19:40: Aber dann durchleb ich es eben fast zweimal,

00:19:45: wenn ich es noch als öffentlicher Person nochmal auf einen ganz anderen Ebene durchleben darf,

00:19:54: oder manchmal auch muss.

00:19:56: Ich habe jetzt auch gesagt, ich habe jetzt den November und Dezember sehr geschätzt.

00:20:04: Und für das brenne ich auch.

00:20:06: Aber ich habe heute auch gesagt, ich habe dann wieder eine Überdosis-Inklusion erlebt,

00:20:12: wo ich dann auch wieder sagen muss,

00:20:15: nur über das Thema Behinderung, redet, auch betroffen,

00:20:19: kann man manchmal schon auch sehr anstrengend sein.

00:20:23: Und dann ist es schon immer die gleichen Antworten,

00:20:26: sie manchmal ein bisschen schöner verpacken,

00:20:28: oder mit mehr Willen, aber die Ausgangslagen sind immer,

00:20:33: plus/minus irgendwo die gleichen.

00:20:35: Da finde ich es ganz spannend, dass jetzt auch von außen,

00:20:39: aber wenn wir irgendwo hineingeladen werden,

00:20:42: eigentlich immer fast die Anforderung ist,

00:20:44: ob denn Jan Graf auch mit dabei ist.

00:20:48: Weil ich auch irgendwie merke, es wird auch dann das Wissen sehr stark bei Jan verortet,

00:20:55: dass eigentlich wir jetzt aber im Betrieb wie uns angeeignet haben.

00:21:00: Und aus der Sicht heraus, jetzt einzelne Mitarbeiter auch irgendwie ein bisschen

00:21:06: weniger zu exponieren und gleichzeitig so zu verdeutlichen,

00:21:11: das ist ein Betriebsprozess, das ist nicht irgendwie

00:21:15: der Realisation von einer Idee, einer Privatperson,

00:21:19: das finde ich noch ganz schwierig, so nach außen zu tragen.

00:21:22: Ich muss dann auch immer ein bisschen lächeln,

00:21:25: es heißt dann auch Jan Graf und sein Team,

00:21:28: was nach intern auch teilweise schwierig ist,

00:21:33: weil ja bei uns tatsächlich alle das in ihren Bereichen eigentlich umsetzen

00:21:38: und realisieren und du aber natürlich irgendwo die Fäden zusammenhältst

00:21:43: und das, ja das muss ich jetzt sagen, das habe ich noch selten bei einem Thema so erlebt,

00:21:48: dass das dann so stark auch von außen gefordert wird

00:21:52: oder auch nur als kredibel gelesen wird,

00:21:56: wenn eine entsprechende Person irgendwie dazu auftritt

00:22:00: und das empfinde ich jetzt auch unter dem Aspekt,

00:22:03: eben ja auch so ein bisschen Marketing von deiner Person,

00:22:07: teilweise ja doch auch noch schwierig,

00:22:10: weil du wirst auch sehr stark in einem Dialog sein müssen,

00:22:13: wenn du da und da halt bist, in welcher Rolle sprichst du

00:22:17: und wenn du als Inklusionsbeauftragte das Kleinteater sprichst,

00:22:20: dann sag doch bitte nur das und das oder das bitte nicht,

00:22:23: ohne dass wir dir einen Melkhorb anlegen,

00:22:26: aber weil du schon davor irgendwie gesagt hast, du sprichst ja dann,

00:22:29: eigentlich für eine Organisation und nicht wie wenn du als Jan Graf, Privatperson, irgendwo auftrittst.

00:22:35: Und das halt zu differenzieren ist, glaube ich, auch für die Leute, die dich dann einladen, teilweise nicht ganz einfach habe ich den Eindruck.

00:22:43: Und für mich ist es auch manchmal wahnsinnig drück. Vielleicht bespreche ich mit einer Person und ich bin auf einem kleinen Theater-Setting da,

00:22:54: aber die triggert mich auf eine ganz persönliche Ebene.

00:23:00: Dann wird es schon schwierig, es so zu formulieren, dass es nicht am kleinen Theater schadet.

00:23:10: Und auch für mich merke ich schon, dass es auch drück ist.

00:23:15: Ich will auch, dass es gut ist und es ist auch immer wieder, ich muss mich dann auch pushen, möglich, es immer akkurat zu sein,

00:23:29: immer schlagfertig zu sein, weil das ist schon mein eigener, ich habe manchmal so das Gefühl,

00:23:36: dass ich mir nicht ein eigener Monster geschaffen habe, aber man hat schon ein bisschen ein Gefühl,

00:23:46: wenn man den Jan Graf einlädt, der ist immer lustig, also auch generell und das ist dann auch mit dem kleinen Theater verbunden.

00:23:54: Und wenn ich nach außen gehe, das mache ich aber jetzt schon aufs Aktivist schon,

00:24:00: aber jetzt schaue ich mir schon an, mit welchem Hut ich dann was spreche und so,

00:24:08: und da muss ich dann schon manchmal so ein bisschen tief ein- und ausatmen, aber momentan geht es,

00:24:16: weil ich ja extrem gestützt werde vom ganzen Team, es ist nicht mein Team, sondern es ist unser Team.

00:24:24: Und vielleicht trotzdem hast du irgendwelche Strategien, die du dir jetzt so recht geniegt hast?

00:24:30: Nein, nein, nein, es wird mir immer wieder bewusster und da ich schon immer mehr im öffentlichen Kontext

00:24:40: als Aktivist über Behinderung spreche, weiß ich schon, dass ich, wenn ich rausgehe,

00:24:48: schon auch für Menschen mit Behinderung spreche, und das habe ich dann immer so handgehabt,

00:24:54: wenn ich in meinem Podcast über eine ganze Welt mit jemandem spreche, dann ist es meine Welt,

00:25:03: aber sonst weiß ich schon, wenn ich rausgehe, spreche ich für eine Community,

00:25:07: oder wenn ich am Donnerstag irgendwo bin oder einen Auftritt habe mit euch oder mit dem Team,

00:25:14: dann spreche ich es fürs kleine Theater.

00:25:17: Und Fabien, vielleicht doch nochmal auf den Betrieb zurück,

00:25:22: diese öffentliche Positionierung dahin, dass sie uns einsetzen für Inklusion, setzt das Druck auf,

00:25:28: auch gibt es irgendwie Legitimationsdruck, dass sie uns rechtfertigen müssen?

00:25:33: Also man verfolgt ja in der Regel eine Marketingstrategie, um ein neues Produkt im Markt zu platzieren

00:25:39: und dieses dann auch nachhaltig anbieten zu können.

00:25:42: Wenn ich den Film in dieser Hinsicht anschaue, jedes Mal wenn ich ihn anschaue, denke ich mir, oh je, oh je,

00:25:49: dann kommt dann jetzt demnächst jemand und sagt aber ihr habt doch gesagt ihr macht das und das und das

00:25:54: und jetzt bin ich hier und das ist nicht so.

00:25:56: Ja, auf jeden Fall.

00:25:58: Also ich glaube jetzt nicht, dass das generell eine Verunsicherung auslöst,

00:26:02: sondern es ist glaube ich jetzt wie mehr, wenn man irgendwie plötzlich so in Settings unterwegs ist,

00:26:10: die davor vielleicht weder unseren Betrieb gekannt haben, noch sich Gedanken gemacht haben,

00:26:15: wie das in der Kultur mit der Inklusion funktionieren könnte etc.

00:26:18: Kann ich auch verstehen, dass da dann Erwartungen geweckt werden, was ja nicht nur negativ ist,

00:26:24: im besten Fall ist es ja eben positiv, dass man eine Haltung entwickelt und auch etwas irgendwie einfordert

00:26:29: und da natürlich auf der Kehrseite, werte ich nervös, können wir das dann leisten

00:26:34: und können wir das in dem Umfang weiterhin leisten etc. etc.

00:26:39: Aber ich habe jetzt irgendwie von den Rückmeldungen, die wir auch bislang bekommen haben,

00:26:45: nicht den Eindruck gewonnen, dass man uns da nicht mit Wohlwollen begegnen würde,

00:26:50: wenn jetzt irgendwie mal etwas nicht genau so stattfindet, wie es irgendwie sollte,

00:26:56: weil das ist glaube ich auch die Haltung, die wir nach außen tragen,

00:26:58: hey wir sind einfach im Dialog mit allen, wir versuchen, wir probieren aus, wir scheiten

00:27:04: und daran hat die Öffentlichkeit auch ein bisschen teil.

00:27:08: Genau, wir haben jetzt schon ein bisschen darüber gesprochen, warum und wann findet Inklusion

00:27:11: den Weg in den öffentlichen Diskurs und warum auch nicht.

00:27:16: Und was mich in dem Zusammenhang besonders umtreibt, ist auch die Frage, wie kommt es,

00:27:22: dass diese Themen wieder aus der Öffentlichkeit verschwinden, obwohl sie schon mal da waren.

00:27:28: Genau und jetzt kommt ein kleiner Sneak Peek und zwar Hadidja Haruna-Ölka hat das Buch "Zusammensein" geschrieben,

00:27:35: ein Plädoyer für eine Gesellschaft der Gegenseitigkeit.

00:27:39: Ja und sie kommt ja zu euch in den Live-Podcast im Mai, da ist Valeria wieder mit am Start

00:27:45: und sie hat in dem Buch, das jetzt neue Schienen ist, ein Satz geschrieben, den ich gerne vorlesen möchte

00:27:52: und zwar schreibt sie, dass es kein Wunder ist, dass der Wunsch nach Diversität abnimmt,

00:27:57: sogar ins Gegenteil fällt, wegen gesellschaftlicher Spannung, Kriege, Klima, politische Debatten,

00:28:04: die den Eindruck vermitteln, dass es keinen "Wir" gibt und sie sagt, "Das Sündenbockprinzip ist und bleibt erfolgreich,

00:28:12: weil die Abwertung anderer, als Menschen schon immer leicht gemacht hat, sich vom Wesentlichen abzulenken."

00:28:18: Zitat Ende.

00:28:20: Jan, hast du manchmal Angst, dass Inklusion eine Mooderscheidung ist?

00:28:28: Ja, das sehe ich und das spüre ich auch an ganz verschiedenen Fragen oder Belegungen in der Gesellschaft.

00:28:43: Ich glaube, das kann eben ein spannender Teil sein, wenn man jetzt weiter schaut,

00:28:50: dass die Kultur auch, wenn sie in diesen Spannungen auch zu kämpfen hat,

00:28:58: den Raum weiterhin bildet und die Haltung entwickelt, dass man Inklusion weiter lebt.

00:29:07: Auch wenn vielleicht andere Teile der Gesellschaft, es wird sich jetzt dann zeigen,

00:29:13: dass wir vielleicht wieder zurückbuchstabieren, wenn man die Winde über unsere Schweizer Berge hinwegseht,

00:29:22: dann bin ich kein Schwarzwaldmaler oder so.

00:29:27: Ich sage einfach, dass Inklusion schon viel über Beziehungsarbeit geht, schon jetzt.

00:29:34: Und es wird in den nächsten Jahren noch viel mehr und viel harziger diese Beziehungsarbeit aufrechtzuhalten,

00:29:45: weil eben wieder vielleicht mehr Spaltung erleben werden.

00:29:51: Und da kann eben unser vorheriges Plädoyer für den kulturellen Raum eben wieder die Beziehungsarbeit stimulieren,

00:30:01: um ein Wirrgefühl zu kreieren, das wird sich aber zeigen.

00:30:07: Aber wenn man jetzt gesellschaftlich in die Welt und global sieht,

00:30:14: sehe ich schon, dass wir momentan vielleicht auch an einem Peak sind

00:30:19: und in den nächsten Jahren wieder ein bisschen weniger über Inklusion gesprochen werden.

00:30:29: Da bin ich fest davon überzeugt, dass ich aber extrem schade finde.

00:30:35: Du hast den Wind jenseits der Schweizer Berge angesprochen und auf den möchte ich gerne einmal kurz eingehen.

00:30:41: Und zwar, da haben wir in den letzten Tagen viel drüber gesprochen,

00:30:45: und zwar hat der Berliner Senat für den neuen Landeshaushalt massive Kürzungen beschlossen im Kulturbereich.

00:30:52: Gemäß Nachtkritik.de, das ist eine Online-News-Portal

00:30:56: und einer Stellungnahme des No Limits Disability and Performing Arts Festival

00:31:01: wird überproportional viel in den Bereichen Inklusion und Diversität gestrichen.

00:31:06: Teilweise werden Projekte komplett abgespart.

00:31:09: Nur ein Beispiel, der die Diversitätsfonds soll gestrichen werden.

00:31:14: Die Stiftung für kulturelle Weiterbildung und Kulturberatung wird abgeschafft

00:31:19: und damit droht eben auch die Schließung des Projektbüros für Diversitätsentwicklungen,

00:31:23: das Diversity Arts Culture, was auch für uns immer mal wieder ein Vorreiterprojekt war,

00:31:28: woran wir uns orientieren konnten.

00:31:31: Genau, Fabien, denkst du, solche Tendenzen sind auch in der Schweiz spürbar?

00:31:36: Was geht dir durch den Kopf, wenn du das hörst?

00:31:40: Also, einfach impositiven könnte jetzt bei uns, glaube ich, gar nicht so viel gestrichen werden.

00:31:45: Da viele dieser Gefäße noch gar nicht existieren.

00:31:48: Das ist das natürlich irgendwie so ein bisschen sehr schwarzer Humor.

00:31:51: Aber ich nehme es schon so wahr, dass wir noch an einem Punkt sind,

00:31:56: wo das Thema in der Kulturförderung teilweise noch unterpresent ist.

00:32:04: Also, dass jetzt beispielsweise Produktionsbütsches konsequent mit inklusiven Massnahmen eingegeben werden,

00:32:13: ist in der Schweiz kaum oder sehr selten der Fall, dass es explizite Stellen gibt,

00:32:19: die darauf beraten, wie Kulturprojekte inklusiver gestaltet werden können,

00:32:25: sind mir auch nur sehr wenige bekannt.

00:32:27: Und gleichzeitig ist das Thema kulturelle Teilhabe auf politischer Ebene

00:32:33: über die Kulturbotschaft des Bundes schon abgeschlossen.

00:32:37: Also, das ist ja ein Zustand, mit dem wir irgendwie umgehen müssen,

00:32:44: dass das, glaube ich, vielleicht auch auf Kulturförder oder auf politischer Seite

00:32:49: jetzt ein paar Jahre lang ein Thema war.

00:32:52: Und deshalb aus dieser Perspektive auch davon ausgegangen wird,

00:32:56: dass dies in Betrieben, in Projekten generell im Kulturbereich bereits angegangen wird

00:33:03: oder schon umgesetzt ist.

00:33:05: Und es gibt jetzt einen starken Fokusschiff zu sozialer Sicherheit,

00:33:09: auch natürlich aus der Pandemie und den Erfahrungen, die man da gemacht hat,

00:33:13: wird jetzt ganz stark darauf wertgelegt, dass die soziale Sicherheit der Kulturschaffenden

00:33:18: nachhaltig gefördert wird, was total wichtig und nachvollziehbar ist.

00:33:26: Aber gleichzeitig halt damit umzugehen, dass politische Prozesse kaum je

00:33:30: irgendeine praktische Realität wiedergeben können.

00:33:34: Das erfahren wir eigentlich tagtäglich in unseren Bemühungen.

00:33:40: Jetzt direkt auch bei uns am Haus.

00:33:43: Und da sehe ich einfach auf uns zukommen, wie wir das nachhaltig stemmen,

00:33:49: in dem Umfang, wie wir es jetzt machen.

00:33:51: Weil wir darauf angewiesen werden, dass mehr Leute das finanziell auch mittragen,

00:33:57: sei es eben Künstlerinnen oder Kulturförderung oder dass das einfach auf mehreren Schulten lastet

00:34:05: und dass es eigentlich nicht aus uns als Theaterbetriebe heraus jeweils noch wie mit dazubügetiert werden muss.

00:34:14: Das Spannende ist ja auch, das wird ja auch im Film genannt.

00:34:17: Also ein Statement von Seite der Politik war ja auch, ja die Politik sei ja teilweise schon dem voraus.

00:34:24: Aber eigentlich faktisch die entsprechenden Fördergefäße, die gab es vielleicht mal für eine kurze Zeit.

00:34:31: Teilweise sind die vielleicht noch auf dem Weg oder kommen jetzt doch gar nicht erst.

00:34:36: Also irgendwie scheint da ja doch eine ziemliche Diskrepanz vorhanden zu sein,

00:34:40: wie du gerade gesagt hast von Politik und unserer gelebten Realität.

00:34:45: Ja, ich denke auch in Bezug auf das schweizweit agierende Labelkultur inklusiv.

00:34:52: Da ist auch, sie waren jetzt rund acht Jahre aktiv und gibt jetzt auch Probleme mit der Weiterführung.

00:34:59: Aufgrund der Finanzierung, es wird kostumpflichtig, es wird Diskussionen geben, in Kulturbereichen wollen wir das uns leisten.

00:35:05: Können wir dieses Label finanzieren, was muss es uns dann leisten?

00:35:08: Und halt ja, dann zu denken in acht Jahren hat man einen nationalen Change Prozess realisiert.

00:35:15: Was die Inklusion von Menschen mit Behinderungen angeht, ist extrem kurzsichtig.

00:35:19: Inklusion ist ja ein sehr großes Thema, wenn wir jetzt über Marketing, öffentliche Debatten sprechen.

00:35:28: Dann sind dann natürlich auch die unterschiedlichen Bedürfnisse zu nennen.

00:35:33: Denkt ihr, ist es möglich, die Komplexität genügen wiederzugeben und dem Thema gerecht zu werden?

00:35:40: Und vielleicht auch, wie kann da eine Kommunikation in den Medien oder ja in der Öffentlichkeit gelingen?

00:35:49: Die ganze Komplexität auf einmal, glaube ich, abzubilden, das wird, glaube ich, schwierig.

00:35:58: Aber man sollte es im Hinterkopf haben, dass unterschiedliche Behinderungsarten,

00:36:06: unterschiedliche Herangehensweisen oder Ausprägungen gibt und dem ab und zu Raum schaffen

00:36:16: und sich aber nicht mit "Ich muss jetzt alles sofort irgendwie abbilden" selber hemmen,

00:36:24: sondern wir sagen es, es ist ein Prozess und Inklusion ist ein ständiger Prozess.

00:36:32: Und deshalb, glaube ich, man würde es einfacher machen,

00:36:38: glaube ich, wenn wir als Gesellschaft einfach von Menschen sprechen würden und nicht zu fest

00:36:46: probieren, auch wenn es gut gemeint ist, mit dem Inklusionsschublade zu fest in eine Schublade zu stecken.

00:36:59: Ich weiss natürlich schon, um Sichtbarkeit zu generieren.

00:37:03: Auf das Thema muss man exkludieren und eben wieder Spezialgefesse machen.

00:37:09: Aber glaube ich, um eine Gesellschaft wirklich abzubilden,

00:37:13: muss man einfach von Personen anfangen zu sprechen und diese Personen und ihre Empfehlungen

00:37:21: zeigen und nicht versuchen, alles abzudenken, weil man jetzt Inklusion zeigen will.

00:37:33: Das ist so, glaube ich, meine Herangehensweise.

00:37:38: Es geht auch ein bisschen in das, was wir uns überlegen oder wir labeln derzeit sehr stark.

00:37:43: Wenn es eine inklusive Veranstaltung gibt, dann geben wir den Untertitel, diese Veranstaltung ist inklusiv,

00:37:48: wir machen das irgendwie sichtbar, kommunikativ etc.

00:37:52: Und wenn wir aber beispielsweise dann etwas platzieren möchten in Medien oder wo auch immer,

00:37:58: erhalten wir oft auch die Rückmeldung.

00:38:00: Oh, jetzt haben wir diesen Monat schon zweimal über Inklusion berichtet.

00:38:05: Und das ist das zweischneidige Schwert.

00:38:08: Man möchte das Thema präsenter machen und mir ist total verständlich,

00:38:12: dass man nicht die ganze Zeit unter dem Aufhänger Inklusion kommunizieren kann,

00:38:18: sondern ich würde auch viel eher die Möglichkeit sehen, dass man halt einfach schaut,

00:38:23: wo gibt es spannende Geschichten, wo gibt es spannende Projekte und diese aufgreift.

00:38:28: Und ich bin mir sicher, dass dadurch auch Vielfalt abgebildet werden kann,

00:38:32: wenn man entsprechend irgendwie das Augenmerk darauf legt,

00:38:35: ohne dass man immer im Artikel irgendwie noch entsprechend darauf explizit hinweisen muss,

00:38:41: dass es jetzt um das Thema geht.

00:38:43: Weil das merke ich oft oder ich finde ja schon gut,

00:38:49: macht man sich Gedanken, Grundsätze, kann man etwas machen.

00:38:53: Aber wenn man dieses Wort Inklusion vielleicht das erste Mal kann das auch ein bisschen überfordern.

00:39:01: Ich finde Überforderung manchmal gar nicht schlecht, aber der Mensch neigt dazu,

00:39:08: wenn er sich überfordert fühlt, eher es nicht zu machen,

00:39:13: weil er denkt, er könne es nicht so abbilden, wie die Gesellschaft dann eben Inklusion labelt.

00:39:21: Und da wünsche ich mir einfach mehr, wie wir daran gehen,

00:39:29: wir wollen ein Diverses Publikum und schauen, wie können wir die Rahmenbedingungen

00:39:40: schaffen für ein Diverses Publikum.

00:39:43: Um natürlich sich bald zu generieren, muss man vielleicht ab und zu labeln,

00:39:49: aber auch wir haben schon die Diskothek, müssen wir das überhaupt die nächsten paar Jahre noch,

00:39:55: und das ist ein ständiger Prozess.

00:39:57: Aber eben es ist immer die Frage, wie die Diverses um unsere Gesellschaft sein soll.

00:40:03: Wir nähern uns schon langsam dem Ende des Podcasts und anschließend daran,

00:40:12: aber trotzdem nochmal auch die Frage, die wir uns immer mal wieder gestellt haben,

00:40:16: wer darf eigentlich über Inklusion sprechen, was ist denn die, wer spricht über Inklusion,

00:40:21: wer wird wahrgenommen und wie.

00:40:23: Und dem dem Zusammenhang noch ein letzter Werbeblock, da wir ja sowieso von Marketing auch sprechen,

00:40:29: nochmal für Hadidja Haruna-Ulka, die bei uns im Mai im Live-Podcast zu Guts ist,

00:40:36: in ihrem tollen Buch zusammen sein, hat sie nämlich eine Stelle geschrieben,

00:40:39: die ich in dem Zusammenhang sehr passend finde.

00:40:43: Sie schreibt, Zitat, "In einer Gesellschaft der Gegenseitigkeit geht es nämlich darum,

00:40:48: sich in die Gegenseite hineinversetzen zu lernen und deren Anliegen zu den eigenen zu machen."

00:40:53: Also beispielsweise als nicht behinderter Mensch, barrierefreie Angebote einzufordern,

00:40:58: weil es in unserer jetzigen Gesellschaft einen Unterschied macht, ob die identische Forderung

00:41:03: von einem behinderten Menschen oder einem nicht behinderten gestellt wird.

00:41:08: Es geht also nicht darum, für andere zu sprechen, sondern mit ihnen und ihrem Sinne.

00:41:13: Zitat Ende.

00:41:14: "Dem kann ich nur beigepflichten, wenn wir über Diversität entsprechen müssen,

00:41:19: alle gehört werden und alle Bedürfnisse müssen gleich gewichtet werden.

00:41:26: Und dann, wenn man gleich gewichtet, kann man eben Kompromisse suchen.

00:41:33: Aber wenn ein Bedürfnis von einer Mehrheitsgesellschaft schon von Anfang an mehr gewichtet wird,

00:41:40: wie das schwierige andere Bedürfnisse überhaupt zu diskutieren, aber wenn man einfach sagt,

00:41:46: alle haben Bedürfnisse und wir müssen jetzt den Raum füllen von einer Gesellschaft.

00:41:52: Und wir wollen aber alle dabei haben, das ist ein Commitment.

00:41:55: Dann müssen wir zuhören und miteinander Wege und Möglichkeiten suchen."

00:42:02: Und wie geht es jetzt weiter? Was kommt? Was sind unsere weiteren Vorhaben? Was ist geplant?

00:42:07: "Wir suchen Wege und Möglichkeiten, uns zu erwissen, unter die Leute zu bringen.

00:42:14: Also eben, wir sind irgendwie jetzt schon fast semi-professionell im Organisieren einer Filmtour unterwegs.

00:42:21: Wo wir beispielsweise auch im Stadtkino eine Vorführung haben im Januar oder im März,

00:42:26: auch im Kino Seehof in Zug und auch unterwegs ergeben sich irgendwie noch andere Möglichkeiten,

00:42:32: wo man sich den Film anschauen kann, vorbeikommen kann, mit uns sprechen kann.

00:42:37: Und wir haben da noch ein neues Vorhaben in Angriff genommen, nämlich möchten wir von dieser eher persönlichen Reise,

00:42:45: die an dieser Film ist, etwas abstrahieren und alles, was wir dabei gelernt haben,

00:42:50: in ein Gefäß bringen, das vielleicht auch anderen Kulturbetrieben hilfreich sein könnte.

00:42:56: Und da haben wir unter anderem mit unserem inklusiven Beirat, aber auch mit anderen Gruppierungen,

00:43:02: begonnen, an einem Arbeitstool Workshop Spielbox-Dingens zu arbeiten.

00:43:10: Es ist in einem Stadion der sehr rohen Entwicklung, aber das Ziel ist eigentlich,

00:43:15: dass man sich danach so etwas zu sich in den Betrieb bestellen könnte,

00:43:20: dass einem irgendwie hilft, das Thema anzugehen, von seinem eigenen Arbeitstisch aus in Berührung

00:43:27: und in erste Gedanken zu kommen, wie das im eigenen Betrieb irgendwie sinnstiftend

00:43:33: und auch in einer zeitlichen Absehbarkeit realisiert werden könnte.

00:43:38: Das ist so etwas Großes an, was wir arbeiten und dann haben wir im Programm auch immer wieder

00:43:44: einiges, das ansteht. Jan, möchtest du da noch etwas teasern?

00:43:47: Jetzt sind wir in der Ende des Säben, ich wünsche zuerst mal schön übernachten.

00:44:00: Aber dann im März weiß ich jetzt gerade aus dem Stegereif, dass wir eine Verteilmetschung haben

00:44:08: in Gebärten, unsere Stand-up-Philosophen werden, verteilmetscht und wir haben sonst

00:44:15: auch eine Bühnenbegehung noch sicher und dann irgendwann kommt dann der Netzwerk-Event

00:44:25: und eben mich erlebt man auch auf der Tour mit dem Film. Also wir sind da immer wieder dran,

00:44:33: auch eben wie Frau Bingen sagt, Wege und Möglichkeiten zu finden.

00:44:38: Uns wird es sicher nicht langweilig, auch im neuen Jahr nicht.

00:44:41: Genau, in dem Sinne sind wir auch schon am Ende von der Folge Inklusion und Marketing.

00:44:48: Im Januar machen wir eine Pause, die nächste Folge kommt dann im Februar.

00:44:52: Habt ihr noch ein Schlussvortum?

00:44:54: Genießt die Feiertage!

Über diesen Podcast

Mehr als ein Seitenblick wagen für Inklusion, mehr als ein Seitenblick für neue Normen, für eine inklusivere Gesellschaft, gegen 1000 Ausreden. "Seitenblicke” ein Podcast vom Kleintheater Luzern. Jeden Monat laden Jahn Graf (Verantwortlicher Inklusion) und Valeria Stocker (Vermittlung) interessante Persönlichkeiten ein und erkunden mit ihnen neue Perspektiven in Bezug auf Inklusion, die sonst oft nur einen Seitenblick abkriegen.

Bei Fragen und Inputs: jahngraf@kleintheater.ch
Mehr Infos: www.kleintheater.ch

von und mit Kleintheater Luzern

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